MZ 17.07.2000
Kirchenmusik
"Vielleicht spiele ich Bach ein bisschen menschlicher..."

Der Norweger Haakon Omejer Sorlie hat ein Herz für Neugattersleben

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Neugattersleben/MZ. Einen Kirchenmusiker führen viele Wege an die verschiedensten Orte. Den Norweger Haakon Omejer Sorlie bringt sein Beruf- und seine Berufung - seit etlichen Jahren immer wieder nach Mitteldeutschland.
Am 18. Juli 2000 gab der 50-Jährige sein viertes Benefizkonzert in Neugattersleben.
Der Erlös des Abends soll dem Erhalt der Kirche St. Gertrud zugute kommen.

Der Organist bewertet sein Engagement als Anteilnahme an dem, was in Neugattersleben und den angrenzenden Gemeinden an Sanierungen geleistet wurde: Sein erstes Benefizkonzert vor vier Jahren war Benita Freifrau von Wrede gewidmet, die mit viel persönlichem Einsatz für die Restaurierung von St. Gertrud gewirkt hat. "In Norwegen sind wir es nicht gewohnt, dass jemand so etwas freiwillig macht", erklärt Sorlie, der sich damals spontan dazu entschloss, mitzuhelfen. Inzwischen sind ihm daraus Verpflichtungen erwachsen - als Titularorganist in Brumby etwa muss er einmal im Jahr ein Konzert geben. Für den Norweger ein Selbstverständnis, ebenso, auch in Neugattersleben zu spielen. Hier ist er Mitglied des Fördervereins zum Erhalt der Kirche geworden, wobei ihm nicht nur die historischen Mauern mitsamt der Orgel am Herzen liegen. "Ich fühle mich hier mehr und mehr verpflichtet, denn den Leuten ist bewusst, was sie mit ihrer Kirche haben. Das gilt auch für die Orgel."

Die setzt dem Musiker, der schon an der größten Orgel Deutschlands im Passauer Dom ("Jedes der 234 Register war für mich ein Erlebnis") gespielt hat, zwar einen begrenzten technischen Rahmen, doch Sorlie stellt sich darauf scheinbar problemlos ein: Man müsse sich eben anpassen und Bach anders spielen. Die Werke des barocken Komponisten interpretiert der 50-Jährige auf seine Weise. Was seine Zuhörer dabei erwartet, vermag er eigentlich so genau nicht zu erklären. Es ist mehr ein Gefühl: "Jeder spielt Bach anders. Vielleicht spiele ich ihn mehr menschlich...", sagt er lachend.
Das Konzert des Schlossorganisten des norwegischen Königshauses ist Bestandteil des "Neugatterslebener Konzertsommers". Diese Reihe hat unter anderem dazu beigetragen, dass der Spieltisch der Orgel für 14.000 Mark aufgearbeitet werden konnte. Pfarrer Gottfried Eggebrecht knüpft weitere Hoffnungen daran: "Wo was passiert, da kommt auch Unterstützung." So habe letzten Endes auch der Kirchenkreis Hilfe gegeben. Und die hat die kleine Kirche auch weiterhin nötig, denn Setzungserscheinungen und Risse zerstören das Mauerwerk, das an einer Stelle akut gefährdet ist. An die Ausgestaltung des Kircheninnenraumes ist im Moment nicht zu denken. Doch wie die Kirche künftig einmal aussehen kann, lässt sich an einem Teil des Altarraumes schon absehen. Dort hat ein Restaurator ein Stück der Kuppel bis zum Sockel farblich neu gestaltet.

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